Seit ein paar Jahren geistern immer wieder neue Trends durch die Arbeitsmarkt-Sphären, die mit dem Wörtchen „Quiet“ beginnen. Nach dem „Quiet Quitting“ und dem „Quiet Firing“ ist das aktuell das „Quiet Vacationing“. Es beschreibt die Annahme, dass zunehmend mehr Arbeitnehmer sich eine nicht offiziell genehmigte Auszeit gönnen, beispielsweise indem sie beim remote work ihre Anwesenheit mit der Hilfe von bestimmten Tools simulieren.
Solche Erscheinungen sind immer ein willkommener Anlass, um die vielbeschriebene Diskussion um die Arbeitseinstellung jüngerer Generationen zu befeuern. Hier soll es aber nicht vorrangig um die konkreten Phänomene oder die Arbeitsmoral der Gen Z gehen. Interessanter an dem Thema ist doch die Frage, ob solche Trends einen Hinweis auf allgemeine Wandlungen und Transformation in der Arbeitswelt geben? Man könnte von der These ausgehen, dass Arbeitnehmer zunehmend nach einer sinnvolleren Work-Life-Balance streben und sich das in der Bindung an das Unternehmen und dem Wert, den sie ihrer Arbeit beimessen niederschlägt.
Die beschriebenen Trends kommen meist aus den USA und lassen sich nicht eins zu eins auf die Verhältnisse in Deutschland übertragen. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit hat Mitte 2023 eine Studie zum Thema „Quiet Quitting“ durchgeführt, mit einem vielleicht überraschenden Ergebnis. Weder beim Engagement noch bei der Bindung an das Unternehmen gibt es aktuell nachweislich eine negative Entwicklung. Ein solcher Trend ließ sich vor der Corona Pandemie noch erkennen. Jetzt allerdings kehrt er sich sogar wieder um.
Das belegt einerseits, dass es den „Quiet Quitting“ Trend in der dramatischen Form, mit der er oft beschrieben wird, nicht gibt. Andererseits steckt darin dennoch ein Hinweis auf gesellschaftliche Wandlungsprozesse in der Wahrnehmung einer modernen Arbeitswelt.
Es scheint also eine deutliche Diskrepanz zu geben zwischen der Stimmungslage und den reinen Fakten. Das zeigen auch die Zahlen zur Arbeitszeit in Deutschland. Diese betrug im Jahr 2023 rund 55 Milliarden Stunden und liegt damit auf dem höchsten Wert seit der Wiedervereinigung. Es lässt sich definitiv nicht sagen, dass in Deutschland wenig gearbeitet wird.
Die Zahl der geleisteten Überstunden liegt mit 1,3 Milliarden zwar unter dem Niveau des Vorjahres. Jedoch sind davon ganze 775 Millionen Stunden unbezahlt, der höchste Wert seit 2016. Lässt sich anhand dieser Fakten etwa ein Trend zum „Quiet Underpaying“ erkennen?! Möglicherweise wäre eine gesellschaftliche Debatte zu diesen Umständen ebenfalls angebracht.
Die nüchternen Zahlen und Statistiken stützen die „Quiet-Trends“ auf dem deutschen Arbeitsmarkt nicht. Nichtsdestotrotz gilt es, die gesellschaftlichen Entwicklungen in der Einstellung zur Arbeit und der Bindung zum Unternehmen aufmerksam zu beobachten, um angemessen darauf reagieren zu können.
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