Die Mitarbeiterbindung ist in Deutschland auf dem tiefsten Punkt seit 2012. Das zumindest besagt die Umfrage des Gallup Engagement Index. Demnach haben 19% der Arbeitnehmer in Deutschland keinerlei emotionale Bindung zu ihrem Arbeitgeber. Besonders in Zeiten eines akuten Arbeitskräftemangels ist das ein besorgniserregender Wert. Denn je niedriger die Bindung an das Unternehmen ist, desto höher steigt die Wechselbereitschaft.
Die Gründe für diesen Trend sind vielfältig. Eine große Rolle spielen hier beispielsweise weltpolitische Geschehnisse. Ökonomische und ökologische Krisen, Kriege, Inflation und ein allgemeines Gefühl der Unsicherheit wirken sich auf den psychischen und emotionalen Zustand vieler Menschen aus.
Dazu kommt die allgemeine Lage auf dem Arbeitsmarkt. Arbeitnehmer sind sich zunehmend bewusst darüber, dass es in vielen Bereichen offene Stellen gibt. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, eine bessere Position mit mehr Benefits zu ergattern. Somit sinkt die Attraktivität des aktuellen Arbeitgebers und damit auch die emotionale Bindung.
Mittlerweile wissen wir auch, dass bei vielen jungen Menschen, die jetzt neu auf den Arbeitsmarkt kommen ein Wertewandel stattfindet. Noch immer sind ein sicherer Arbeitsplatz und ein gutes Gehalt gern gesehen. Das sind allerdings lange nicht mehr die einzigen Faktoren, die Einfluss auf die Jobwahl haben. Da heutzutage oftmals Löhne nicht im selben Verhältnis wie die Lebenshaltungskosten gestiegen sind, werden die Anreize für eine profitable Karriere kleiner. Dagegen treten sinnhafte Werte zunehmend in den Vordergrund. Nachhaltigkeit, Flexibilität und eine hohe Identifikation mit den Arbeitsinhalten gewinnen an Bedeutung.
Vermutlich hat auch der Wandel der Arbeitsformen einen Effekt bei der Thematik. Dezentrales Arbeiten verbreitet sich immer weiter. Angefacht durch die weltweite Corona-Pandemie haben wir hier in den letzten Jahren einen rasanten Wandel miterlebt. Ein negativer Aspekt dabei: Die Bindung zu Kollegen und Teams leidet unter der Arbeitsweise. Weniger informeller Austausch und weniger gemeinsame Erlebnisse führen zu geringerer Identifikation mit der Arbeit und dem Unternehmen.
Mit welchen Maßnahmen können Unternehmen der schwindenden emotionalen Bindung entgegentreten? Da es sich um die emotionale Bindung dreht spielen objektive Faktoren wie ein gutes Gehalt, ein moderner Arbeitsplatz oder reizvolle Benefits hier eine eher untergeordnete Rolle. Natürlich sollte auch in diesen Bereichen ein attraktives Angebot vorhanden sein. Wichtiger jedoch sind weiche Faktoren. Ein gutes Beispiel dafür ist die viel zitierte Wertschätzung. Der Zusammenhang ist eindeutig: Wer sich in seiner Arbeit nicht wertgeschätzt fühlt, der empfindet keine besondere emotionale Bindung.
In eine ähnliche Richtung geht das Thema Unternehmenswerte. Eine echte Identifikation mit dem Arbeitgeber kommt erst dann zustande, wenn sich die persönlichen Werte zu einem großen Teil mit denen des Unternehmens decken. Dabei ist es essenziell, dass diese Werte auch authentisch gelebt und verkörpert werden.
Ganz sicher spielt auch ein gutes kollegiales Umfeld eine große Rolle bei der emotionalen Bindung von Mitarbeitern. Gute zwischenmenschliche Beziehungen sind ein entscheidender Faktor dafür, sich an seinem Arbeitsplatz wohlzufühlen.
Wer das Gefühl hat, in seiner Lage auf der Stelle zu treten, der kann schnell unzufrieden werden. Deshalb sollten Arbeitgeber ihren Angestellten genügend Anreize für die berufliche und optimalerweise ebenfalls für die persönliche Weiterentwicklung bieten. Es lohnt sich, einmal über die üblichen professionellen Weiterbildungsmaßnahmen hinaus zu denken.
Ein offener, transparenter und wertschätzender Austausch in einer gut gepflegten Feedbackkultur ist ein weiterer wichtiger Faktor. Nur wer sich als Person mit eigener Meinung im Arbeitsumfeld wahrnimmt, kann auch eine Bindung entwickeln.
Auch wenn die emotionale Mitarbeiterbindung sich aktuell auf einem Abwärtstrend befindet, können Unternehmen geeignete Maßnahme ergreifen, dem entgegenzuwirken. Wichtig ist dabei, nicht nur die objektiven Faktoren in den Fokus zu nehmen, sondern den Blick vor allen Dingen auf die Werte- und Unternehmenskultur zu richten.
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